Also jedenfalls nicht auf dem offiziellen Plan. Ich nutze die Zeit, um die Bilder von der Kamera zu sichern, einmal durchzuschauen, was gut und nicht so gut ist und mein Tagebuch der letzten Tag noch fertig zu schreiben.
Im Camp lerne ich zwei Engländer kennen. Vater und Sohn, die mit dem Motorrad unterwegs sind. Mit dem Flieger sind sie nach Ulan Bator, dann weiter nach Khovd. Dort haben sie zwei Motorräder geliehen und sind jetzt unterwegs. Eines der Motorräder streikt und ist nicht zum Starten zu überreden. Sie warten auf einen Mechaniker, der aus der Gegend ist und demnächst vorbei kommen soll.
Zeit ist etwas sehr dehnbares hier draußen in der Steppe. Und letztlich schaffen sie es doch denn Fehler in dem Motorrad zu finden. Ich finde es mutig sich mit örtlichen Motorrädern mit 13 PS quer durch die Steppe auf den Weg zu machen. Aber es funktioniert offensichtlich gut.
Man könnte sich eine der Blockhütten mieten, um darin zu schlafen, aber ich fühle mich in meiner Rotel Koje ganz wohl. Strom und warmes Wasser gibt es nur, wenn der Generator da hinten in der Jurte läuft.
Noch ein paar kleinere Hütten und dann gehe ich zum Seeufer. Naja zumindest versuche ich es, denn die Stechmücken am Uferstreifen sind ziemlich aggressiv und ich trete schnell den Rückweg an.
Auf der Insel brüten Vögel und die Rufe schallen bis ans Ufer. Ein paar aus unserer Gruppe beschließen eine Wanderung zu machen und ziehen zu den nahegelegenen Bergen – aus der Richtung, aus der wir gekommen sind, nicht die russische Seite – und kommen nach Stunden ziemlich geschafft an. Entfernungen sind hier so schwer zu schätzen.
Nach dem Abendessen genießen wir den Sonnenuntergang in gebührendem Abstand von den Stechmücken. Interessante Diskussionen mit den Mitreisenden über Gott und die Welt und dann ist es auch schon dunkel.
Die Wolken haben leider den Blick auf die untergehende Sonne versperrt, aber das Abendrot und der Mond sind auch beeindruckend. Ich versuche noch etwas länger zu warten, um Sterne zu sehen, aber im Sommer ist das so wie bei uns. Es dauert einfach bis es richtig dunkel wird. Erst richtig spät sehe ich dann mehr Sterne und genieße die Aussicht.
Das Ziel dieses Tages ist der Üüreg Nuur, der nördlichste Punkt dieser Reise und nicht weit von der Russischen Grenze entfernt, aber bis es so weit ist haben wir noch einiges an Weg vor uns.
In der Nähe unseres Übernachtungsplatzes ist der Achit Nuur, ein leicht salziger See. In dieser Gegend verdunstet viel Wasser, so steigt der Salzgehalt. Salzwiesen und eine feuchte Senke liegen auf unserem Weg. Und auch hier wohnen Nomaden in ihren Jurten. Allerdings gehören die Nomaden hier in der Gegend der Kasachischen Gruppe an und wir besuchen eine Familie.
Martin und Enke gehen voran, um unseren Besuch anzukündigen, denn für mongolische Verhältnisse sind wir ziemlich früh dran. Die Familie hatte schon mal besuch von Rotel Reisenden, also sind sie nicht ganz unvorbereitet. Sie wussten nur nicht wann wir kommen. Und auch hier gelten die Regeln – auf den Kopf aufpassen, nicht auf die Schwelle Treten, Männer links, Frauen Rechts vom Eingang.
Es lebt eine junge Familie in dieser Jurte, nebenan steht die kleinere Küchenjurte. Der Mann mit seiner Frau und seiner Schwester und den kleinen Kindern. Die Jurte ist innen mit schönen Teppichen geschmückt, die im Winter warm halten.
Wir erfahren etwas über das Leben der Nomaden und eine der Mitreisenden kauft einen der Wandteppiche. Naja eigentlich eine genähte und gestickte Decke. Jedenfalls ein schönes Stück zu einem Preis, der der Arbeit eigentlich nicht gerecht wird. Und natürlich gibt Martin der Familie auch noch was, weil sie uns so herzlich willkommen geheißen haben. Gastgeschenke sind immer gern gesehen.
Die Landschaft ist weit und karg und Martin beginnt über die Geschichte der Mongolei zu erzählen. Von Dschingis Khan, seinem Aufstieg, seinen Nachfolgern und auch die Vorgeschichte. Wie die verschiedenen Familien immer mächtiger wurden und sich irgendwann auf einen großen Eroberungszug gemacht haben und dabei das größte zusammenhängende Reich der Welt erschaffen haben.
Viele Spuren führen in die Richtung, in der wir unterwegs sind. Zwischendrin kommt uns eine Gruppe Motorradfahrer entgegen. Enduroreisen durch die Mongolei sind wohl ein Ding.
Am See überqueren wir den Flusslauf auf einer Brücke, die eigentlich nicht ganz für unser Auto geeignet sein soll. Gewicht max 7 to steht auf dem Schild. Die Brücke hat uns aber gut gehalten. Durch den Fluss wäre notfalls gegangen, aber die Gefahr stecken zu bleiben wäre real.
Und dann wird die Gegend richtig trocken. Mehrere Spuren durch die trockene Landschaft. Auf einmal haben wir Handy Empfang, d.h. irgendeine Ansiedlung muss in der Nähe sein. Ein Bauxit Bergwerk – Rohstoffe die es hier in der Mongolei reichlich gibt. Ein weites Land, menschenleer und reich an Rohstoffen. Deswegen versuchen beide Nachbarn etwas vom Kuchen abzubekommen..
Es geht aus der Senke wieder etwas höher und haben einen Blick über den See, an dem wir in der Früh vorbei gefahren sind. Es geht auf der Piste eben nicht ganz so schnell voran, wie auf der Straße. Und die Landschaft ist einfach nur beeindruckend.
Wir nähern uns einem Pass und es wird Zeit für eine Mittagspause. Das selbe denken sich auch ein paar Nomaden, die gerade umziehen. Auf dem Kleintransporter ist eine Jurte untergebracht. Die Tür, der ober Stabilisierungsring, Planen, Decken Stangen und alles mögliche. Hoch aufgetürmt. Der Handbremse trauen die Mongolen wohl nicht.
Nomaden ziehen ungefähr drei mal im Jahr um, um mit ihren Tieren zu neuen Weidegründen zu ziehen. Und die Passstraße auf der wir unterwegs sind führt zu einem grünen Hochplateau. Die Sommerweiden.
Wir spazieren die Straße entlang und unser Rotel sammelt uns auf dem Weg dann ein. So habe ich auch Zeit ein paar der Pflanzen zu fotografieren, die dem trockenen Klima hier trotzen.
Ich bin nicht ganz so schnell unterwegs, wie ein anderer Teil der Gruppe. Ich weiß nicht ob das ein Wettlauf werden soll, aber für mich war wichtig zu sehen was es hier zu sehen gibt.
und dann kommt auch schon unser Fahrzeug…
Noch ist es trocken und staubig, aber sobald wir auf der Hochebene sind wird es grüner. Es ist beeindruckend und es sind immer wieder Jurten zu sehen. Die ersten sind also schon auf den Sommerweiden angekommen.
Es sind einige ausgespülten Rinnen im Gelände und wir müssen ein paar mal umfahren, weil der Bus da sonst nicht durch kommen würde. Da hatte es letztes Jahr einen Vorfall gegeben, bei dem das Fahrzeug beschädigt worden war. Das möchte Martin dieses Jahr vermeiden.
und irgendwann nähern wir uns dann unserem Ziel. Der Üreg nuur schimmert tiefblau am Ende dieser Abfahrt.
Kurze Pause für Foto und andere Bedürfnisse
Der See liegt vor uns und nach zwei Tagen Übernachtungen im Gelände freuen wir uns auf das Camp. Eine Dusche, eine Toilette, klingt nach Luxus.
Der Gebirgszug am anderen Ende des Sees ist dann schon in Russland. Landschaftlich ändert sich dort nicht zu viel, aber es ist eben ein ganz anderes Land.
Ein Stück des Weges noch und dann kommen wir am Camp an. Morgen haben wir nichts vor. Es geht nicht weiter und ein Ruhetag ist eingeplant. Nach den vielen Erlebnissen der letzten Tage ist ein wenig Ruhe gut. Es gibt hier nicht wirklich viel zu Entdecken, aber ich vermute mal, dass die ein Puffertag ist, falls es unterwegs zu Pannen und Problemen kommt.
Nachdem es in der Nacht etwas stürmisch war, ist der Morgen auf etwa 2300m Höhe nicht gerade warm. Unser Rotel steht auch noch im Schatten und es hat etwa 9°C. Die Fenster zu den Schlafkojen sind alle zu und wir bereiten das Frühstück vor. Ein Windschutz an der Küche und Peter stellt gerade den Topf mit heißem Wasser für den Kaffee hin.
Die Kamele sind nur ein paar Meter weiter und deutlich klüger, denn sie halten sich in der Sonne auf, um sich aufzuwärmen. Wir sind schon dabei wieder abzubauen, denn heute wollen wir Mittags in Ölgii einkaufen, um dann weiter Richtung Norden zum Uws Nuur zu fahren.
und los geht es. Während wir versuchen ein paar Aufnahmen von den Kamelen zu machen, fährt Peter mit dem Rotel schon mal los. Die Aussichten und die Weite in der Mongolei sind so beeindruckend, leider kommt das auf den Bildern nicht so schön zur Geltung
Dass wir hier ziemlich hoch sind, merkt man auch daran, dass selbst im Juni schneebedeckte Gipfel zu sehen sind. Da, rechts am Rand sieht man die Straße auf der wir weiter fahren werden.
Unterwegs nach Ölgii und ein kurzer Zwischenstop am Tolbo Nuur, ein See, an dem die letzte Schlacht der Weißgardisten gegen die Rotgardisten geschlagen wurde. Eine sehr blutige Schlacht und natürlich gibt es auch einen Gedenkstein dazu.
Martin unser Reiseleiter erzählt uns einiges über die Schlacht, über die Roten und die Weißen und unweigerlich musste ich an Dr. Shivago denken. Passend dazu gibt es natürlich auch einen kleinen Pavillon für ein Picknick mit Aussicht.
Unten der See und ein paar Touristencamps, in der Ferne schneebedeckte Berge der Buyant Uul ist knapp über 3600 m hoch. Aber jetzt geht es weiter, denn bis zum Ölgii sind es noch etwa 70 km.
Die vielen Stops sind auch unsere Pinkelpausen. Im Bus gibt es keine Toilette, und an solchen Rastplätzen gibt es die gute Mongolische Toilette – ein Blechverschlag, ein Loch im Boden und zwei Bretter darüber. Klopapier muss man schon selber dabei haben. Aber dieses mal habe ich mir einen freundlichen Felsen gesucht, denn die Bretter sahen mir nicht tragfähig genug aus.
Wir kommen in Ölgii an und unser Bus braucht Sprit. Die Tankstelle ist etwas außerhalb und wir haben einen schönen Blick auf die Stadt. Nach dem Tanken geht es noch zum Wasser fassen, unsere Küche braucht schließlich auch was. Das machen wir bei Freunden von Magna, dem Fahrer unseres Begleitfahrzeugs. Das ist in der Mongolei Pflicht, denn im Fall der Fälle soll es Hilfe holen können. Im Begleitfahrzeug ist auch unser Dolmetscher Enke.
Eine Stadt mitten in der kargen Landschaft, aber das täuscht, denn tatsächlich führt ein Fluss mitten hindurch und ist die Lebensader, Wasserversorgung und Grundlage für ein bisschen Landwirtschaft. Am Rande sieht man ummauerte Parzellen und Jurten drin. Im Zentrum ändert sich das Bild dann sehr. Das Rotel wir auf einem Parkplatz abgestellt und zieht alle Blicke auf sich. So ein großer Roter Bus in dem auch noch Europäer drin sind, ist schon was außergewöhnliches. Erst mal einkaufen für die nächsten paar Tage. Snacks, Kandierte Früchte, Wasser und Bier, danach Sightseeing.
Am Hauptplatz steht ein Denkmal im typisch Sowjetischen Stil. Die Mongolei war bis zum Fall der Sowjetunion auch kommunistisch. Mittlerweile ist es eine Demokratie, aber immer noch sehr abhängig von den beiden großen Nachbarn China und Russland.
Es gibt auch einen typischen Markt, wo man alles, aber auch wirklich alles für den täglichen Bedarf kaufen kann. Wir haben reichlich Zeit, die Stadt zu erkunden. Der Hauptplatz, der Markt, Mittagessen und ein örtliches Museum besuche ich. Viele interessante und spannende Eindrücke
Mandolinen, Ukulelen, hmmm, wie die Instrumente wohl heißen?
Süßigkeiten stehen hoch im Kurs
und jeder hier hat ein Handy. Was mich aber ein wenig wundert, denn außerhalb der Städte und Siedlungen ist kein Empfang mehr. Etwas was ich gelesen hatte aber es ist etwas anderes das auch selber zu erleben.
Mittagessen – die Mongolische Küche ist nicht besonders aufregend aber sehr bodenständig und lecker. Gefüllte Teigtaschen und eine gute Suppe. Macht jedenfalls hervorragend satt. Und dann geht es auch schon weiter. Hinter Ölgii endet die Teerstraße und die Piste beginnt.
Ein wenig langsamer als auf der Straße, ein wenig holpriger aber immer noch gut. Unser Fahrzeug ist dafür bestens gerüstet. Richtig große Reifen, Allrad Antrieb und einen guten Fahrer.
Wir fahren am Fluss entlang und in unmittelbarer Nähe is auch noch Vegetation, Bewuchs, Wiesen, einige Herden und nur ein paar Meter weiter ist es trocken und karg.
Kurzer Halt, um ein paar schönere Bilder machen zu können. Natürlich auch von unserem Fahrzeug. Man beachte die Deutschen Kennzeichen.
Aufsitzen, weiterfahren. Ich sitze auf Platz 20 – letzte Sitzreihe, hinten Rechts. Es gibt 20 Schlafkojen, eine Koje ist für Material, aber der Fahrer und Reiseleiter müssen auch irgendwo schlafen und dafür ist die letzte Sitzreihe vorgesehen. Aber weil wir nicht ausgebucht sind, kann ich meinen Krempel abends liegen lassen und muss nichts wegräumen. Und am Fenster, ungefähr in der Mitte des Fahrzeugs habe ich einen guten Blick.
Rechts ist noch ein wenig Grün zu sehen, aber auch das wird weniger und weniger und die Gegend immer trockener.
Es schaukelt, es holpert und ein paar mal müssen wir uns festhalten, aber alles bleibt an seinem Platz und wir kommen gut voran. Martin meint, dass wir bald am geplanten Übernachtungsplatz ankommen.
Wieder werden wir abseits der Piste in einem Tal stehen. Geschützt vor neugierigen Blicken und Wind und Wetter.
Irgendwo da hinten ist die Piste, von der wir abgebogen sind. Die Berge um uns herum sind aus rotem Granit und so schwer unser Fahrzeug auch ist, es hinterlässt in dem trockenen, harten Steppenboden kaum Spuren.
Und schon stehen wir an unserem Übernachtungsplatz, mit 1660m deutlich tiefer als der letzte Platz und auch deutlich wärmer.
Zum Abendessen gibt es Hähnchen Schlegel und ein Gemüse-Linsen-Risotto. Jeder bekommt reichlich und wir sitzen so da und rätseln, ob die Reste vergraben werden können und verrotten, denn wir hatten schon einige Knochen und Skelette gesehen.
Auf den Gipfeln saßen einige Milane, die hier in der Mongolei sehr häufig zu sehen sind und einer kreiste über uns. Da hat dann jemand einen Knochen hoch geworfen und der Vogel hat ihn sich im Flug geschnappt. Eine spektakuläre Show, die wir noch ein paar mal wiederholt haben. Die Vögel sind heute Abend jedenfalls satt geworden.
Der Platz ist auch sehr gut für ein Lagerfeuer. Brennmaterial liegt auch reichlich herum – getrockneter Dung. Ein paar dünne Zweige und Papier zum anheizen und dann halten wir das Feuer mit dem Dung in Gang. Jeder durfte mal los ziehen und ein bisschen sammeln. Dazu ein Bierchen und ein gemütlicher Abend ging zu Ende.
Wir sind noch nicht lange unterwegs, aber in der Früh stellt sich schon eine gewisse Routine ein. Fenster auf zum Lüften und aus der Koje krabbeln, Augen reiben, Waschzeug einsammeln, Wasserflasche auch und erst mal raus, eine Ecke zum Waschen und Zähne putzen suchen. Ich bin wach.
Zurück ins Rotel, die Sachen aufräumen, Koffer in die Koje, Handtücher vom Bügel auch weg und dann im Fahrgastraum in der Ablage das Geschirr zum Frühstück holen. Die Tische stehen noch vom Abend und die Ersten fangen schon an das Frühstück vorzubereiten. Jeder hilft wo er kann und Peter hat den großen Topf am Herd. Sobald der Ruf “Topf steht!” erschallt, weiß jeder, dass es los gehen kann. Instant Kaffee holen, ans Frühstücksbuffet und in Ruhe Frühstücken.
Abspülen des eigenen Geschirrs, im Wagen verstauen und dann die Schlafkabine abbauen. Plane runter, Klappen zu und alle ins Auto, es kann los gehen. Wir verlassen unseren Standplatz auf einer Wiese am Bach und die Landschaft wird karger, trockener. Es geht weiter bergan.
Immer wieder sind Steinhaufen zu sehen und Martin unser Reiseleiter erklärt, dass das Bronzezeitliche Hügelgräber sind, die so langsam in sich zusammen fallen.
Ungefähr dreitausend Jahre und die Reste sind noch so deutlich zu sehen. In der Mongolei gibt es keine Landwirtschaft und die Gegend wird nicht umgepflügt und bearbeitet. Die Steppe wird nur von den Tieren abgegrast und so bleiben die Steinhaufen lange erhalten.
Ein Hirschstein der die damalige Welt wiederspiegelt – am oberen Ende die Sonne, dazwischen die irdische Welt mit einem Hirschen als Mittler zum Himmel und dann die Unterwelt, die fest im Boden verankert ist. Und dann ist da noch ein Yak Schädel – eine Opfergabe der vorbeiziehenden Nomaden.
Und schon heißt es wieder – einsteigen, wir müssen weiter und noch ein Stück weiter bergauf und wir kommen am Kleinen Roten Pass auf etwa 2800 Meter höhe an. Hier ist auch ein Steinhaufen, aber das ist kein Grab, sondern ein Ovoo. Heiligtum, Opferstelle, ein Ort, an dem man die Götter um eine gute Reise bittet indem man den Haufen dreimal umrundet und jedes mal einen Stein drauf wirft. So wächst er mit jedem Reisenden ein wenig mehr.
Die Blauen Schals, das Argai Schaf Geweih und teilweise auch Geldscheine sind Opfergaben. Es wird nicht unser letzter Ovoo und nicht unser letzter Pass sein. Aber jedes mal ist es beeindruckend und so ganz anders wie das, was ich so kenne.
Nach dem Pass geht es deutlich runter und es wird auch wärmer und die Pflanzen ein wenig mehr. Immer noch sehr trocken aber überall Beifuß – Artemisia, die ordentlich duftet – oder riecht, je nach eigener Wahrnehmung.
Wir kommen um die Mittagszeit in Khovd an, dem Verwaltungszentrum der gleichnamigen Provinz und mit etwa 30.000 Einwohnern deren größte Stadt. Am Rand der Stadt sind ummauerte Parzellen in denen Jurten stehen. Auch hier leben die Mongolen, wie in der Steppe, aber weiter zum Zentrum wird es so, wie man sich bei uns eine Stadt vorstellt.
Die Mongolei war bis 1990 kommunistisch und so sind auch viele Gebäude aus der Zeit, die das Stadtbild prägen und nicht so wirklich zum Sightseeing einladen. Wir kaufen wichtige Dinge ein. Peter um am Abend zu kochen, wir kaufen Bier in Dosen. Mongolisches Bier ist gar nicht mal so schlecht.
Und dann gehen wir in ein kleines Lokal essen. Chushuur – frittierte Teigtaschen die mit Fleisch gefüllt sind. Dazu Tee mit Milch, der leicht gesalzen ist. Am Anfang etwas ungewohnt, aber wenn es draußen sehr heiß ist, genau das richtige. Nur war es eben nicht so heiß. Wir haben wohl die Regenzeit erwischt was wir am Abend noch mal deutlich merken werden.
Raus aus Khovd kommen wir an einer Moschee vorbei. Hier im Westen leben die Kasachen, eine der mehr als 20 ethnischen Minderheiten, die muslimisch sind. Auch etwas, was ich nicht wusste und was mich ein wenig erstaunt hat. Es geht weiter nach Norden.
Unterwegs meint Martin auf einmal dass wir halten sollten und fragen könnten, ob wir die Jurte besuchen dürfen. Für mich war das befremdlich, denn wie würde ich reagieren, wenn ein Bus mit Fremden vor meiner Wohnung steht und fragt, ob sie rein dürfen, um sich anzuschauen, wie ich lebe.
Aber in der Mongolei ist das offensichtlich nicht so. Wir sollen nur bei den Kühen aufpassen, eine hat gestern ihr Kalb bekommen und ist etwas nervös. Bevor wir also rein sind haben wir noch ein paar wichtige Regeln erklärt bekommen.
nicht auf die Schwelle treten
nicht reinstolpern
auf den Kopf aufpassen
Frauen rechts
Männer links
Unser Begleiter und Übersetzer hilft bei dem Gespräch und wir erfahren, dass in der Jurte ein älteres Paar im Ruhestand lebt und die Kinder für die Sommerferien da sind. Er ist erfolgreicher Pferdezüchter und hat einige Preise gewonnen, sie pensionierte Polizistin. Die Kinder sollen das Nomadenleben im Sommer kennenlernen, denn sonst leben sie mit ihren Eltern in der Stadt.
Wir werden wie selbstverständlich bewirtet. Es gibt selbstgemachten Käse, Joghurt zum trinken und es ist erstaunlich geräumig und warm im Inneren. Im Winter ist das bestimmt nicht so angenehm. Natürlich lassen wir auch ein Gastgeschenk da. Kleinigkeiten für die Kinder und etwas in Papierform für die Gastgeber.
Weiter, denn bis zum Übernachtungsplatz ist es noch ein wenig zu fahren und die Gegend auch schon wieder unwirtlich und trocken. Es geht wieder bergauf bis wir dort ankommen, wo wir übernachten sollen. Irgendwo im nirgendwo.
Wir haben aufgebaut und stehen in der Wildnis. Weit und Breit keine Menschenseele. Und dann fängt es an zu Regnen. Es regnet in Strömen und wir suchen im Bus Schutz. Wir sind recht hoch und es wird ungemütlich kühl. So sitzen wir im Bus, reden, trinken unser Bier und überlegen, ob es schon spät genug ist, ins Bett zu gehen.
Eine Horde Kamele rennt in wildem Galopp vor dem Regen davon und wir überlegen ob das jetzt gut oder schlecht ist, denn Tiere wissen normalerweise wann man sich verziehen muss. Wir in unserem Bus können nicht so schnell weg. Vor allem weil schon einige schlafen.
und dann reißt der Himmel auf, es hört auf zu Regnen und die Sonne beschert uns einen dramatischen Sonnenuntergang. Wir sind nur noch 5 Leute und gehen raus, um uns das anzuschauen. Ein wenig auf den Bergkamm hoch und wir haben den Blick auf die Straße auf der wir gekommen sind und die beleuchteten Gipfel gegenüber.
Dann noch die Einsamkeit und Ruhe genutzt, um ungestört einem Bedürfnis nachzugehen und dann geht es in den Bus, in die Koje, weil es recht schnell dunkel wird. In der Nacht stürmt und tobt es noch mal und ein paar ordentliche Blitze zucken über den Himmel und Donner hallt in dem Tal wieder.
Naja, ganz so geschützt und ruhig wie uns das Martin angekündigt hatte, war die Nacht nicht, aber auf jeden Fall besonders. Wir sind in unseren Kojen trocken geblieben und ich habe in der Nacht richtig gut schlafen können. Allmählich scheine ich im Urlaub anzukommen.
Ganz soweit ist es noch nicht, denn wir stehen in Takeshiken und warten auf das Go, dass wir zur Grenze fahren dürfen. Rotel arbeitet in China mit einer Agentur zusammen, die den organisatorischen Kram erledigt und auch solche Termine mit den Behörden abstimmt. Bis dahin erst mal in Ruhe frühstücken, Rotel abbauen und warten und spazieren gehen, aber nicht zu weit weg…
Als wir dann endlich zur Grenze dürfen, erklärt uns Martin noch ein paar Regeln für die Grenze. Keine Fotos, den Anweisungen der Grenzbeamten folgen und nicht herumblödeln. Da sie unsere Sprache nicht verstehen, könnte es falsch interpretiert werden. Wir verstehen ja auch nicht unbedingt was sie von uns wollen.
An der Grenze dürfen wir aussteigen, das Rotel aufklappen und unsere Koffer holen, inklusive der Taschen im Bus und dann zur Grenzkontrolle. Der Bus wird separat kontrolliert. Dummerweise ist auch noch ein weiterer Bus gleichzeitig mit uns angekommen. Mongolen die zurück nach Hause wollen, aber das macht keinen Unterschied, die Grenzkontrolle dauert eben etwas länger. Es erinnert mich ein bisschen an “damals” als ich noch mit meinen Eltern in die Tschechoslowakei gefahren bin.
Gepäck wird durchleuchtet, Passkontrolle, Abgleich der Fingerabdrücke, um sicherzugehen, dass man auch der ist, der eingereist ist. Stempel in den Pass und fein. Wir laden das Gepäck noch nicht ins Rotel, sondern laufen rüber zur Mongolischen Grenzstation, wo sich das Prozedere wiederholt. Koffer durchleuchten, Fingerabdrücke, Biometrisches Bild, Stempel in den Pass. Und dann sind wir schon eingereist.
Wir klappen das Rotel auf, laden unsere Koffer ein, verstauen unser Handgepäck vorne im Bus und es geht weiter. Noch sind wir auf geteerter Straße, aber das wird sich in den nächsten Tagen ändern. Wir machen unsere erste Bekanntschaft mit Mongolischem Essen – Buuds, Gedämpfte Teigtaschen, gefüllt mit Fleisch. Fleisch ist bei fast jedem Essen dabei, die Mongolen sind schließlich überwiegend Hirten Nomaden und haben nur Fleisch und kaum Landwirtschaft.
Die Landschaft ist trocken und es wächst kaum Gras oder sonst irgendwelche Pflanzen. Auf den ersten Blick nix, auf den zweiten Blick ist hie und da etwas Grün zu entdecken.
Ein paar Kilometer hinter der Grenze dieses Tor. Erst dachte ich “Willkommen in der Mongolei” aber es ist der Hinweis auf Uenc Sum – eine Gemeinde, wobei ich weit und breit nichts als Gegend und Straße sehe.
Die Landschaft ist so weitläufig und am Horizont sind Bergzüge zu sehen. Es ist so anders als in Europa. Hier kann man seinen Blick in die Weite schweifen lassen und sieht keine Anzeichen von Menschen oder Zivilisation
Aber allmählich ändert sich die Landschaft, die Berge rücken näher, ein Flusslauf und viel mehr Grün. Es begegnen uns auch mehr Menschen, die den Fluss und eine schöne Stelle zum Baden nutzen.
Die Straße schlängelt sich am Fluss entlang immer höher und weiter. Es gibt nicht viel zu sagen, nur die Landschaft und Gegend genießen. Mir fehlen ein wenig die Worte.
Abkühlung, denn es ist doch ziemlich warm. Die Sonne scheint, und wir sind auf knapp 1800 Metern. Alle genießen die Abkühlung und dann geht es auch schon wieder weiter.
An der Straße entlang wohnen Menschen in Jurten, oder Ger, wie sie hier heißen. Ein Anblick der zuerst neu und dann sehr normal wird. Irgendwo im Nirgendwo leben Menschen.
Am späten Nachmittag kommen wir zu unserem Ziel. Eine Wiese in einem Tal, nahe an einem Bach, mit einigen Jurten in der Nachbarschaft und vielen vielen Tieren. Yaks, Ziegen, Schafen.
Ich glaube die Tiere wundern sich über uns mindestens genauso sehr, wie wir über sie.
Unsere erste Übernachtung in der freien Wildbahn. Kein Camp, keine Sanitäreinrichtungen, keine Zivilisation, außer der Straße ein paar hundert Meter weiter.
Unser Fahrer Peter kocht zum ersten mal und wir sind alle begeistert. Sehr lecker und weil er bei unseren Mittagsstops immer einkauft – wenn wir welche machen – gibt es immer frische Sachen.
Grunzochsen, oder Yaks machen ihrem Namen alle Ehre und sind nicht gerade leise. Und neugierig sind sie auch und kommen unserem Bus recht nahe. Aber nicht so nahe, dass wir nicht schlafen könnten.
Ein Absacker noch, ein netter Plausch und dann geht es nach Sonnenuntergang auch in die Koje.